24 Std Wandertour (2010)

 

24-Stunden Wanderung vom Lusen zum Großen Arber

Regie und 1.Hauptrolle: Birgit
Shuttle-Service: Hans B.
Weitere Hauptrollen: Lore, Gerlinde, Silvia, Traudl, Claudia, Brigitte, Karo, Bettina, Regine, Rudi, Pius, Holger, Robert, Hans Bunj.

Eine Woche nach dem großen, öffentlichen 24-Stunden-Wanderevent, organisierte Birgit für die DAV-Gruppe exklusiv die 24-Stunden Wanderung vom Lusen zum Großen Arber – ohne T-Shirts und Animation, dafür umso mehr Zeit für Gespräche ,Natur ,Licht und Geräusche.

Mit Birgits kobaltblauem Spielmobil fahren wir nach Waldhäuser, wo schon ein paar weitere erwartungsvolle Augenpaare auf uns warten. Ein paar Gemeldete haben sich wieder ausgeklinkt, trotzdem zählt unsere Mannschaft jetzt stattliche 15 Personen. Das Wetter könnte besser nicht sein. Die Sonne scheint, es ist sommerlich warm, aber nicht heiß. Unseren Füssen haben wir vorsichtshalber noch nicht mitgeteilt, was sie die nächsten 24 Stunden erwarten wird…

6.30 Uhr: Waldhäuser/ Lusen Winterweg Ausgangspunkt
Ein letztes Mal wird über die optimale Socken-Schuh-Kombination diskutiert. Mit dieser Frage steht und fällt der Gesamterfolg dieser Unternehmung. Munter plaudernd setzt sich die Gruppe in Gang. Kurzweilig der Aufstieg über den Winterweg zum Lusen.

7 Uhr Lusen/Gipfel (gegangene 0,5h/ noch lächerliche 23,5h)
Lusen – sein Gipfel ein riesiger Steinhaufen. Entsprechend guter Blick in alle Richtungen. Unser Ziel noch in weiter Ferne. Doch wir sind zuversichtlich. Wir steigen über die Himmelsleiter ab und folgen dem Fernwanderweg E6 in Richtung Rachel. Über Pfade und Bohlenwege bewegt sich die Gruppe wie eine Kette durch wunderschöne Gebiete, begleitet durch die tiefen, fast meditativen Töne, die unsere Wanderstöcke auf den Bohlen verursachen. Nüsschen und Trockenfrüchte machen die Runde.

12.00 Uhr: Rachel/ Gipfel (gegangene 5,5h/ noch18,5h)
12.15 Uhr: Rachel-Hütte:
Sie zeichnet sich vor allem durch ein interessantes Ausrufsystem mit Lautsprecher aus. Spätestens nach dem Ausruf weiß dann auch der letzte Gast wie du heißt und was du isst. Außerdem lernen wir: Silvia ist der Alpenverein. Zumindest sagt das der Wirt.
13.15 Uhr: Aufbruch:
Im Rachel-Gebiet sind wir plötzlich im Dschungel. Farne und Schwämme wuchern auf den steilen Hängen und es ist warm und feucht. Wir gehen und gehen. Schachten, fruchtbare Wälder und Waldsterben im Wechsel. Auf abgestorbenen Bäumen sind an einer Stelle weiße Kreuze aufgemalt, damit wohl auch der Blindeste den toten  Baum als tot erkennt. Wir überlegen die Kreuze rot zu übermalen,  so wären sie als Wegmarkierung bei Nebel vielleicht sinnvoll. Die Stunden fließen wie Sand durch unsere Hände – langsam verändert sich das Licht – es wird wärmer und weicher. Die gegangenen Stunden machen sich allmählich bemerkbar. Erste Blasen machen sich breit und Gerlinde kämpft mit ihrem Magen. Im Laufe des Nachmittags muss sie sich deshalb leider von uns verabschieden. Claudia wechselt wegen ihrem blasengeplagten kleinen Zeh zu Flipflops und übernimmt Führung und Takt……flip….flop…..flip…..flop…flip….wir folgen. Die Flipflops können den Wanderschuh nicht ersetzen und der Blase ist es an der Fußsohle praktisch gleich an welchem Schuh sie drückt. So muss leider auch Claudia das Handtuch schmeißen. Dafür gesellt sich auf einem der Schachten (Jährlingsschachten?) Helmut zu uns, der dort schon auf uns gewartet hat. Wir müssen lange Strecken auf monotonen Forstwegen zurücklegen. Plötzlich spürt man einen leichten Wind von der Seite, man sieht nur noch einen Kondensstreifen und alle wissen: Pius ist gerade wieder an uns vorbeigezogen. Immer wieder haben sich einzelne bei Pius-Zwischensprints angeschlossen, um ernüchtert festzustellen, dass dieses Tempo konditionell auf Dauer nicht durchzuhalten ist. Wer kann, der kann. Der Falkenstein muss von einem unbekannten Bayerwaldrübezahl nach hinten versetzt worden sein, auf jeden Fall will und will er nicht kommen. Zweifel am Ziel kommen auf. Mögliche Abbrüche werden in Erwägung gezogen. Aber erst einmal zur Hütte, essen, trinken, rasten – dann sehen wir weiter. Endlich der ersehnte Gipfel.

21.25 Uhr: Falkenstein/ Gipfel (gegangene fast 15h/ immer noch 9h!)
Es ist wunderschön – zur einen Seite geht die Sonne unter, auf der anderen der Vollmond auf.
21.30 Uhr: Falkenstein-Hütte: Eine Gruppe Mountainbiker sind dort schon in der letzten Runde und machen uns die Unterhaltung schwer. Der Wirt zeigt sich etwas zickig, doch wir haben Glück: Wir bekommen etwas zu essen. Das hätte hier auch anders ausgehen können. Pius motiviert die müde Runde: „Wir sind dem Ziel schon so nah…!“Alle Register werden gezogen: Weißbier, Red Bull, Kaffee, Magnesium – die Waldpolizei darf heute keine Bluttests mehr von uns machen. Nur Traudl und Brigitte machen nicht mehr mit und beschließen auf der Hütte zu bleiben.
22.30 Uhr: Aufbruch:
Wir verwandeln uns zu einer Glühwürmchenkette. Das gefürchtete Aufstehen nach 15 Wanderstunden, ist erstaunlicherweise leichter als erwartet. Der Spruch „der Schuh drückt“ bekommt hier trotzdem eine völlig neue Dimension. Auch das beste Material kommt langsam an seine Grenzen. Es ist jetzt dunkel, nur der Vollmond blitzt immer wieder durch die Bäume. Die Geräusche werden stärker: die Bäume rauschen, es raschelt im Laub – ein Käuzchen – man kann es nur erahnen: die Nachtwelt ist zum Leben erwacht. Pius führt uns sicher einen versteckten Weg  hinunter.

24 Uhr: Zwiesler Waldhaus (gegangene unglaubliche 17,5h/ trotzdem noch 6,5h)
Jetzt ist es soweit: die Füße sind beleidigt. Letzte Möglichkeit auszusteigen. Robert hat starke Hüftschmerzen und bricht ab. Der Rest will durchhalten. Jetzt wird jede Stelle am Fuß mit Tape verklebt, die bisher noch offen war. Vermutlich ein Akt zur mentalen Stärkung. Am Weg zum Schwellhäusl wird’s ruhig. Die meisten haben den Gehmechanismus auf Automatik gestellt und sind müde. Über die Seebachschleife zum letzten großen Anstieg, dann eine kleine Rast am Arbersee. Bergauf geht es sich jetzt deutlich besser als bergab oder geradeaus. Bei Morgendämmerung erreichen wir pünktlich zum Sonnenaufgang den Großen Arber.

5 Uhr: Großer Arber/ Gipfel (gegangene mörderische 22,5h/ noch 1,5 Höllenstunden)
Es ist frisch und die Sonne lässt auf sich warten. Dafür kann man den Mond noch ein Weilchen beobachten. Wir sind glücklich – wissend dass wir es so gut wie geschafft haben. Die Füße tun weh – ob ein bisschen kürzer oder länger ist schon egal. „Immer an die Wimpern denken“, war bei dieser Tour unser Leitspruch. Die Sonne geht auf. Spektakulär, alles fühlt sich an wie in Trance. Das liegt nicht nur am Gipfelschnaps, der die kalten Glieder wärmt. Über die Rißloch-Wasserfälle steigen wir Richtung Bodenmais ab. Jeder Schritt tut weh und die Gehbewegungen wirken eckig. Aber es ist der letzte und wir sehnen uns nach einer Badewanne und einem Bett. Um 6.45 Uhr erreichen wir den Rißloch Parkplatz, wo das blaue Spielmobil steht.

Etwa 2400 HM im Aufstieg und 75 Kilometer haben wir in den 24 Stunden bewältigt. Gefühlte 40 Jahre älter, unendlich müde, jedoch stolz und glücklich treten wir die Heimfahrt an. Diese Wanderung war ein großes Natur-Zeit-Erlebnis, bei dem viele neue Kontakte entstanden, alte vertieft und Grenzen ausgelotet werden konnten. Dank an Hans für` s Fahren, an Pius für die hervorragende Motivation und natürlich an Birgit für die Organisation und Leitung dieser wunderschönen Unternehmung: besser hätte man die laue Vollmondnacht nicht aussuchen können!

 

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